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Das Isartal südlich von München mit dem Radl zu besuchen, das gibt es schon seit der Erfindung dieses Verkehrsmittels. Doch Radfahren dort als Sport zu betreiben, kam erst später dazu – im Isartal geländebedingt ab den 1990er-Jahren mit der Verbreitung des Mountainbikes. Der besondere Reiz dort: Sportliches Radfahren auf naturbelassenen Pfaden ist verbunden mit dem Erleben einer besonderen Landschaft. Und dies nahe einer Großstadt ohne aufwendige Anfahrt. Doch hier liegt auch das Problem. Es kommen sehr viele, die Wege sind der Belastung nicht gewachsen, werden ausgefahren, immer breiter oder parallel dazu neu angelegt. Das führt zu starker Beeinträchtigung – sowohl der Natur, als auch anderer Erholungssuchender. So kam es zu Polarisierung: Naturliebhaber als Naturschützer auf der einen, Radsportler als rücksichtslose Naturnutzer auf der anderen Seite.

Dass auch andere Erholungssuchende die Natur belasten, dass die Mehrheit der Biker auch das Erleben in der Natur sucht, ging und geht unter. Gegenseitige Vorwürfe werden medial ausgeschlachtet. Markstein des Konflikts wurde die behördliche Sperrung des „Bombenkrater-Areals Grünwald“ für MTB-Aktivitäten im Jahr 2009. Sogar die Sperrung des oberen Isartals für MTBs (außerhalb der Forststraßen) wurde gefordert. Die Bike-Szene veranstaltete einen Trauerzug und demonstrierte am 25. April 2009 auf dem Münchner Marienplatz.


↑ Nach der Sperrung des Bombenkrater-Areals Grünwald demonstriert die MTB-Szene im April 2009 auf dem Marienplatz für die Isartrails. Foto: Tobias Stahl


Nachdem die Stadt München ja den Titel „Radlhauptstadt“ anstrebte, lag es jetzt an der Politik, zu handeln. Münchens Dritter Bürgermeister Hep Monatzeder versuchte es ab 2010 mit einem „runden Tisch“. An dem sollten auch die Radsportverbände sitzen, darunter die Sektion München mit der mitgliederstarken MTB-Gruppe M97. Auf deren Vorschlag benannte mich der Vorstand der Sektion München zu deren Vertreter (und dem der Sektion Oberland) am runden Tisch bzw. dem 2011 gegründeten Arbeitskreis „Resolution zum Schutz des Oberen Isartals“. Mitglieder waren als Behörden Stadt und Landratsamt München, Staatsforsten, Landwirtschaftsamt, als Naturschutzverbände Bund Naturschutz (BN), Isartalverein (ITV), Landesbund für Vogelschutz (LBV), Ornithologische Gesellschaft und als Radsportverbände ADFC, Bayer. Radsportverband (BRV), Deutsche Initiative Mountainbike (DIMB) und die Sektion München. Es galt, einen tragfähigen Konsens zwischen den Parteien zu finden, was mit der Unterzeichnung der Resolution aller am 8. Mai 2012 erreicht wurde. Das Kernelement der Resolution: Sportlich motiviertes Mountainbiken ist im Isartal zwischen Tierpark und Schäftlarn unter Beachtung des Naturschutzes zu ermöglichen, wobei die Akzeptanz entsprechender Angebote zumindest im ersten Anlauf ohne behördliche Regelungen erreicht werden soll. Waren also „Trails“ vorher etwas weitgehend Illegales, wurden sie nun quasi zur Erholungseinrichtung!

Ein fertiges Konzept im Stillstand

Im nächsten Schritt galt es, eine Lösung für die Anlage der Trails zu finden. Dank der Förderung durch den Bayerischen Naturschutzfonds konnte ein Planungsbüro beauftragt werden, das durch eine Projektsteuergruppe aus dem runden Tisch heraus betreut wurde.


↑ Am 8. Mai 2012 wird die Isarresolution unterzeichnet – für die Sektionen München und Oberland vom damaligen 1. Vorsitzenden Günther Manstorfer. Foto: Archiv Dill


Ziel war je eine durchgehende Strecke auf beiden Seiten der Isar, jeweils auf bestehenden Wegstücken. Anliegen des Naturschutzes war es, ökologisch besonders wertvolle Bereiche als Ruhezonen von Trails auszusparen, zu umfahren oder auf Forststraßen auszuweichen. Die Trailstrecken außerhalb der Ruhezonen sollten dagegen so attraktiv gestaltet und beschildert sein, dass ein Ausweichen auf parallel laufende frühere wilde Trails uninteressant ist und letztere sich wieder renaturieren.

Nach dem Erhalt des Förderbescheids, der Genehmigung der Restfinanzierung durch die Stadt und das Landratsamt München sowie einer europaweiten Ausschreibung konnte im Frühjahr 2014 das Büro Ifuplan mit der Aufgabe beginnen: Geländeerhebungen und Kartierungen, Planung der Trailabschnitte mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Abwägung der konkurrierenden Interessen des Naturschutzes, der Grund- und Waldbesitzer, des Forstes, der Jagdpächter, Spaziergänger, Fußwanderer und Hundeführer, mit Gemeinderäten, Wegeverantwortlichen und Verkehrssicherungspflichtigen. Öffentlich dokumentiert wurde dies auf der Website biken-isartal.de. Das Ergebnis lag im Sommer 2017 vor: eine 46 km lange Gesamtstrecke, davon 25 km Trails, samt Beschilderungs-, Informationsund Ausbaukonzept.

Schwierigkeiten bereitete dann ausgerechnet die Grundvoraussetzung für die Umsetzung: die Trägerschaft für die Trailstrecken, verbunden mit der Haftungsfrage bei Unfällen. Trotz intensiver Verhandlungen während der Trassenerarbeitung konnte hier keine Einigung erzielt werden. Die Behörden (Stadt und Landkreis München) hatten rechtliche Probleme, da sie als Kommunen nur auf ihrem eigenen Gebiet tätig werden können; Forst und der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München lehnten diese Aufgabe ab; Naturschutzverbände wie der ITV sahen sich aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage; Sportverbände wurden wiederum von den Naturschutzverbänden abgelehnt, um „nicht den Bock zum Gärtner zu machen“. Was nun?



Keiner wusste weiter und so vergingen drei tatenlose Jahre. Mit der Folge, dass sich der Zustand im Isartal mit wild befahrenen Trails merklich zulasten der Natur verschlechterte – und die alten Fronten wieder aufbrachen. Werden die Isartrails tatsächlich zur unendlichen Geschichte? Vielleicht doch nicht! Die Radsportlergruppe1 aus dem runden Tisch bohrte unermüdlich weiter, bis wieder Bewegung in die ungeklärte Frage der Trägerschaft kam. Damit die Isartrails eine Erfolgsgeschichte werden können, muss auch das Prinzip, freiwillig nur mehr die angebotenen Trails zu befahren, weitgehend klappen. Wobei die Radsportverbände nur auf ihre Mitglieder, die vielleicht 20 bis 30 Prozent der Isartrailer ausmachen, einwirken und auf deren Einfluss in der Community hoffen können. Ich bin optimistisch für ein gutes Ende der Geschichte.

 

1) Hier der große Dank an Hartmut Schüler vom ADFC, an Oliver Heinrich und Sonja Schreiter von der DIMB, an Sarah Wälde und Jörg Schmidtmann vom MTB-Club München e. V. und Roman Ossner und Ulli Mund von der Sektion München