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Angela, kann man von Bergkrimis leben?

Das wäre total schön. Nein, ich bin Lehrerin für Englisch und Geografie. Autorin bin ich nebenberuflich, und tatsächlich ist Bergsteigertod der einzige Krimi, den ich geschrieben habe. Ich habe ihn 2013 einigen Verlagen angeboten, aber nicht untergebracht und letztlich auf eigene Kosten drucken lassen – und auch einen guten Teil der Exemplare verkauft. Inzwischen habe ich mich mehr auf Reiseberichte verlegt.

Was hat dich dazu veranlasst, einen Bergkrimi zu schreiben?

Ich bin einfach vom Klettern begeistert und wollte etwas darüber schreiben. Ohne großen Plan – aber schon mit dem Ziel, das auch zu veröffentlichen. Anfangs habe ich lange nach der richtigen Sprache gesucht und zwischendrin auch gezweifelt, ob da überhaupt noch eine Geschichte dabei rauskommt. Als dann jemand mal den Anfang in die Finger bekam und meinte, das würde sich total klasse lesen, war ich wieder motiviert, das Buch fertig zu machen. Inspiriert haben mich zum Beispiel In der Wand von James Salter oder Die Madonnina von Bernd Schroeder, wobei es darin nicht nur ums Bergsteigen geht, sondern eher um Menschen, die mit der harten Bergwelt kämpfen und entsprechend raue Menschen sind.

Apropos rau: In einer Rezension zu Bergsteigertod heißt es: „Wenn ich gewusst hätte, dass Kletterpartner solche Monster sein können, hätte ich das Bergsteigen gar nicht erst angefangen.“ Wie grausam geht es zu in deinem Werk?

Es geht so weit, dass jemand den Tod eines anderen in Kauf nimmt. Da ist Eifersucht so groß, dass sie nicht erst im Tal ausdiskutiert werden kann. Stattdessen wird zu Mitteln gegriffen, die einen anderen sterben lassen.

Ist vieles an die Realität angelehnt, oder überwiegt die Fiktion?

Beides. Einige Figuren sind angelehnt an mir bekannte Menschen. Aber der Fortgang der Geschichte ist völlig fiktiv. Wichtig ist mir, dass es psychologisch nachvollziehbar bleibt. Die Handlung darf nicht so konstruiert werden, dass sie sich aus den Charakteren nicht mehr logisch ergibt – da schalte ich sonst auch beim TV-Krimi ab. Witzigerweise bin ich neulich noch mal über eine Szene im Krimi gestolpert: Ein Bergführer ist mit zwei Kunden unterwegs, die am Berg so eine Art Duell wegen einer Frau ausfechten, und einer von ihnen stürzt ab. Was für ein Schmarrn, habe ich mir im Nachhinein gedacht. Und keine Woche später steht in der Zeitung, dass am Mittenwalder Klettersteig ein Bergführer von einem anderen Bergsteiger wegen einer Frau krankenhausreif geschlagen wurde. Übertreiben kann man offenbar gar nicht genug – im Leben gibt es alles, was man sich nicht vorstellen würde.



In den Buchhandlungen gibt es Regale voller Allgäu-, Watzmann- und Kochelsee-Krimis. Der Alpenkrimi boomt wie nie zuvor, oder?

Ob wir schon über den Berg des Booms sind, weiß ich nicht. Aber ich glaube, wir sind schon relativ weit oben. Inzwischen ist es ja auch nicht mehr so hip, nur noch in Outdoor-Klamotten rumzulaufen. Im Fernsehen und im Kino geht der Trend schon Richtung Mystery, das ist auch immer ein Hinweis darauf, dass sich in der Buchwelt etwas ändert. Was sich aber sicher nicht geändert hat, sind zwei wichtige Gründe für den Erfolg von Bergkrimis: Erstens wollen die Leute etwas lesen, was sie selbst nicht erleben können oder möchten. Und zweitens: Wenn man den Ort der Handlung selbst kennt, ist das persönliche Leseerlebnis viel größer.

Würde dein Krimi heute bei einem Verlag angenommen werden?

Ich glaube nicht. Dafür gibt es ein paar Kriterien: Entweder man ist schon ein Erfolgsautor. Oder man ist noch jung und kann gehypt werden. Aber ich werde jetzt 55 und war vor zehn Jahren auch nicht viel jünger. Die dritte Möglichkeit ist, echt leichte Lektüre zu schreiben, die man einmal in der S-Bahn liest und dann wegwirft. Und da fällt mein Krimi nicht rein, der richtet sich an bergaffines Publikum, das auch die Fachbegriffe kennt. Bei einem Verlag hieß es, meine Charaktere seien nicht klar umrissen – Arzt, Lehrer, Feuerwehrmann, so in dem Stil. Da wurde mir klar: Es sollen einfache, klare Bilder vermittelt werden. Und deshalb würde mein Buch auch heute nicht verlegt werden, da bin ich realistisch.

Täuscht der Eindruck, oder gibt es einerseits richtige Bergkrimi-Fans und andererseits Menschen, die gar nichts damit anfangen können – aber kaum eine Grauzone?

So richtig qualifiziert kann ich dazu nichts sagen, weil ich persönlich niemanden kenne, der Bergkrimis liest – einschließlich mir selbst. Ich kenne aber einen erfolgreichen Autor von Heimatkrimis, und da ist das tatsächlich so: Entweder ist die Resonanz ganz toll, oder eher in der Kategorie „Kann man machen, muss man aber nicht“.

Warum passen Krimis so gut ins Gebirge?

Weil es da so viele Möglichkeiten gibt, Morde durchzuführen, die wie Unfälle ausschauen. Weil man das Bergwetter gut für Dramatik nutzen kann. Und wegen der Einsamkeit. Ich habe einen langjährigen Freund, mit dem ich heute noch viel in den Bergen bin. Auf unserer ersten Bergtour, wir kannten uns noch nicht gut, war weit und breit kein Mensch außer uns, wahrscheinlich, weil wir öffentlich angereist waren. Da dreht er sich plötzlich um und fragt: „Hast du eigentlich keine Angst, dass du mit einem Psychopathen unterwegs sein könntest?“ Das sind so die Momente, die sich wunderbar für Bergkrimis eignen.


Angela Gutschmidts Bergkrimi aus dem Jahr 2013 bezieht man am besten über ihre Website angelagutschmidt.blogspot.com