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Text: Claudia Niedzela-Felber, Foto: thephotobear.de

Kommissar Jennerwein, Commissario Fontanaro, Frau Trautner – der Bergkrimi ist ein eigenes Genre geworden und Ermittler am Berg gibt es inzwischen wie Steine im Geröllfeld. Eine Frau Trautner hätten wir gut brauchen können, als nach einer Hochtour unsere abgesperrten Radl aus ihrem Latschenversteck unterhalb der Berliner Hütte verschwunden waren. Oder als die Bergschuhe meiner Freundin morgens nicht mehr im Schuhraum der Innsbrucker Hütte zu finden waren und sie nur dank der netten Wirtin und ihrer Leihschuhe nicht in Flip-Flops ins Tal absteigen musste.

Während es im Buch oder im Film meistens ein Happy End gibt und sich das Verbrechen aufklärt, ist die Realität oft nicht ganz so einfach. Für mich persönlich waren diese Verluste vor allem eine große Enttäuschung. Ich fragte mich, ob mein Vertrauen in unsere Gemeinschaft zu leichtfertig war. Ist dieser Begriff vielleicht überholt? Müssen wir uns angesichts des Zulaufs in den Bergen daran gewöhnen, dass bestimmte Regeln nicht mehr für alle selbstverständlich sind? Dass die Selbststeuerung über gemeinsame Werte, über die Bergkameradschaft, nicht mehr funktioniert? Brauchen wir jetzt eine Alpinpolizei oder die zehn Berggebote an jeder Hüttenwand? Es gibt keine konkreten Zahlen, aber die Berichte von „verschwundener“ Ausrüstung, verdreckten Winterräumen oder sogar Einbrüchen in Hütten mehren sich. Winterräume oder alpine Notunterkünfte wie das Laliderer-Biwak werden für Genussübernachtungen zweckentfremdet. Das kann sehr romantisch sein, aber auch ziemlich problematisch, wenn der Müll zurück und die Tür offen bleibt oder die Einrichtung zerstört wird. Und laut einer ALPIN-Umfrage von 2017 wurde mehr als ein Fünftel der Befragten schon mal in einem alpinen Schutzhaus bestohlen. Das ist nicht nur sehr ärgerlich und unter Umständen teuer, sondern kann gefährlich werden oder zum Abbruch der Tour führen. Übrigens klagen auch die Wirte selbst zunehmend über Zechprellereien, bisweilen eskalieren Auseinandersetzungen über eine eingepackte Semmel vom Hüttenfrühstück. Manches mag aus Gleichgültigkeit, einiges aus Unkenntnis geschehen. Aber vielleicht stoßen wir mit der Praxis, Dinge am Berg gemeinschaftlich und nicht strafrechtlich zu regeln, zunehmend an die Grenze.

Vertrauen ineinander rechtfertigen

Wer in den Bergen unterwegs ist, kennt auch die anderen „Bergkrimis“. Die Situationen, in denen es knapp wird, weil man in ein Unwetter gerät, sich selbst über- oder die Tour unterschätzt hat, weil ein Unfall geschieht. Dann wird die Bergkameradschaft unter Umständen lebenswichtig, weil nur mithilfe der Tourenpartner oder der Bergwacht eine Rettung gelingt. Dann ganz besonders geht es um Zusammenarbeit, um Vertrauen zueinander und darum, sich auf die anderen verlassen zu können. Ein zentraler Wert des Alpenvereins München & Oberland ist die Gemeinschaft. Wir heißen jede und jeden willkommen, der die Berge liebt – ob Genussbergsteiger oder anspruchsvolle Alpinistin. Diese Gemeinschaft trägt uns, unterstützt und schützt uns. Sie ermöglicht es uns, unsere alpinen und persönlichen Ziele zu erreichen. Sie funktioniert aber nur, wenn wir miteinander Verantwortung übernehmen und das Vertrauen ineinander rechtfertigen. Wenn wir uns bewusst sind, dass wir am Berg aufeinander angewiesen sind und  uns auf die gemeinsamen Werte verlassen können – und können müssen. In diesem Sinne wünsche ich uns allen schöne und sichere, gerne auch spannende Bergtouren – aber ohne Krimi.




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Kommentare

 

Willkommen in der „Großstadt Berg“! Je größer, heterogener und anonymer eine Gruppe, desto geringer die Bereitschaft Einzelner, sich an die Regeln der Gruppe zu halten. Die Anonymität schützt denjenigen, der sich über die Regeln hinwegsetzt. Gruppenprozesse, wie die gegenseitige Erziehung und Sanktionierung, funktionieren nicht mehr wie in kleinen, homogenen (Interessen-) Gruppen. Die beschriebenen Vorgänge auf Hütten und am Berg sind ein Import von Verhaltensweisen, wie sie in jeder größeren Stadt zu beobachten sind: Gedankenlosigkeit, „team“ (toll, ein andrer macht’s!) Diebstahl, Vandalismus… Es ist dabei sicher NICHT die Mehrheit, die sich entgegen der Regeln verhält. Dies bietet eine große Chance: Augen auf! Beobachten wir Personen, die sich offensichtlich gegen die Regeln verhalten, dann sprechen wir sie darauf an! Wir ziehen im Zweifelsfall Hilfe hinzu (Zeugen, Hüttenwirt!). Nur gemeinsam und mit verantwortlichem Handeln können wir das Umfeld Berg und Hütte im Interesse unserer Gemeinschaft gestalten!

Ralf Hamester, 04.01.2024

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Wie überall sollte es ein Mit- und nicht ein Gegeneinander sein. Ich habe auch Hüttenwirte erlebt, die Alkoholiker (Lizumer Hütte) waren oder die für jede Scheibe Brot einen Euro verlangen (Tutzinger Hütte) oder extrem unfreundlich (Drei Zinnen Hütte) zu ihren Gästen waren. Und natürlich gibt es Gäste, die sich wie A...... benehmen. Da kann man dann auch nicht mehr freundlich bleiben....

Dietmar, 04.01.2024

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Entschuldige, aber was will man von Menschen erwarten, die ohne Werte groß gezogen werden. 

Claudia, 04.01.2024

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Das sollte nicht nur in der Alpinwelt erscheinen, sondern in der öffentlichen allgemeinen Presse und im Rundfunk.

Anneliese, 06.01.2024

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Warum gibt es überhaupt so viele Berghütten. Ganz einfache Biwakräume würden genügen. Bergbücher in die sich jeder, der diese nutzt, eintragen muss. Regeln, wie diese Hütten zu behandeln sind, bei Verstoß Anzeige. Weg von bewirtschafteten Hütten zu Selbstversorgerhütten nur für Mitglieder, mit Volontariat, die sich um Ordnung und Sauberkeit kümmert. Die Küche kann weiterhin für Alpenvereinskurse/-Seminare mit Versorgung genutzt werden. Die Seminar-Teilnehmer/-Leitung muss selbst kochen. Mitgliederentscheid. Wirklich demokratisch abstimmen, was sich Bergfreunde wünschen. Entsprechenden Fragebogen erstellen. Danke 

Angela Leyrat, 06.01.2024

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Wie Frau Niedzela-Felber schreibt, haben viele solche unglücklichen / unmöglichen Situationen schon erlebt. Wichtig aus meiner Sicht ist, dass wir als Alpenvereinsmitglieder mit gutem Beispiel vorangehen und dabei unsere Freundlichkeit bewahren. Manche Dinge, wie Müll mitnehmen, gehören zum guten Ton, sind aber möglicherweise nicht jedem bekannt. Ein freundlicher Hinweis sollte immer der erste Schritt sein, bevor böse Anfeindungen zwischen „Bergexperten“ und „Gelegenheitswanderern“ entstehen. Somit kann auch die Gemeinschaft wachsen und wir können unsere Werte weitergeben.

Lara, 08.01.2024

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Hallo, die Gesellschaft wandelt sich. Es kommen Menschen wie und woher auch immer dazu, ob durch Geburt oder Zuwanderung. Allen müssen die Werte unserer Gesellschaft vermittelt werden: daheim, Schule, Verein, Arbeit etc. warum auch immer, mir scheint es, wir scheuen den Konflikt auch Werte durchzusetzen oder es fehlen Orte dafür. Und nur den Finger heben, wenn sich jemand nicht daran hält, funktioniert im Tal und am Berg nicht. Dadurch bleiben diese Werte auf der Strecke und dann erodiert eine Gesellschaft und das Verhalten in den Bergen. Fazit: Wir sind alle gefragt bei der gemeinsamen Vermittlung von Werten in der Gruppe der Erwachsenen, der Kindern und Zuwanderer.
PS: Ich gehe seit 20 Jahren auf hohe Berge und wenn ich leider ein Frühstück nehmen muss oder es als Unterstützung nehme und dann meist vor 6 Uhr nix essen mag, dann nehme ich mir mein Brötchen mit. Und ja der ein oder andere Hüttenwirt in der Schweiz kannte mich deswegen, aber am Ende kommt es auf die Menge und das miteinander an. Also 12 Euro fürs Frühstück für ne Tee + Extra für mein Brötchen wäre dann auch ne bissel krass.

Spannendes Thema, danke. Gut das meine Räder alt sind bzw. ich nehme wohl dann doch das ordentliche Schloss mit. Irre. Und wie vor 20 Jahren auch schon, tausche ich einen Schuh wohl besser wieder mit dem Tourenpartner in der Hütte, schon wegen der ”Verwechselungsgefahr”.

Und Danke für eure Arbeit, aber leider werden es nicht die richtigen lesen :/

Peter Glöckner, 09.01.2024

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Ich bin der Meinung, dass die Veröffentlichung solcher Artikel, die ohne solide wissenschaftliche Grundlage auf emotionale Reaktionen abzielen, zur Verschlechterung des gesellschaftlichen Klimas beiträgt. Die Verwendung vager Aussagen wie "Es gibt keine konkreten Zahlen" und anekdotische Beispiele wie die Beschwerden der Wirte wirken eher irreführend. Statt ein nicht existierendes Problem zu konstruieren, sollte man die Realität betrachten. Ist es wirklich notwendig, dass Wanderer auf Berghütten in ständiger Sorge sein müssen, bestohlen zu werden, obwohl dies selten vorkommt? Man könnte ebenso gut die positive Seite hervorheben und darüber berichten, wie gut das gemeinschaftliche Miteinander in den Bergen funktioniert. Aber offensichtlich generieren negative Schlagzeilen mehr Aufmerksamkeit.

Anonym, 15.01.2024

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