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Johannes Waßmann und Johanna Moselage halten unsere Stüdlhütte und die Wege an Österreichs höchstem Berg in Schuss. Hochal­pine Erfahrung hatten sie beide zuvor kaum.

Text: Nadine Regel, Titelbild: Archiv Alpenverein München & Oberland, alpinwelt 1/2025


Das Wegegebiet am Großglockner ist eines der höchsten Arbeitsgebiete des Alpenver­eins München & Oberland, die Stüdlhütte auf 2802 Metern die höchstgelegene Hütte der Sektion Oberland und einer der Stütz­punkte für die Besteigung des Großglock­ners (3798 m).

Hoch droben auf der Stüdlhütte

„Am Anfang testen die Locals einen schon“, erinnert sich Johannes Waßmann, der seit vier Jahren als Hüttenreferent der Stüdlhütte aktiv ist. „Ein Städter aus Deutsch­land, der plötzlich an ihrem Berg mitreden will? Da musste ich erst beweisen, dass ich anpacken kann“, sagt der 34-Jährige. Er nimmt die Herausforderung an. Gemein­sam mit Freunden räumt er den Winter­raum der Hütte aus. 40 alte Matratzen und allerlei Gerümpel bringen sie ins Tal hinunter. Danach hätten die Bergführer und der Hüttenwirt gemerkt: Okay, der meint es ernst.

Dass es einen Fondsmanager aus München zu einer unserer höchsten Hütten nach Osttirol verschlagen würde, war zu­nächst nicht abzusehen. Doch 2020 war ein Wendepunkt für Waßmann. Nach anstren­genden Jahren im Berufseinstieg und einem Jobwechsel suchte er eine Möglichkeit, sei­ne Passion für die Berge mit einem Ehren­amt zu verbinden. Er stieß auf eine Aus­schreibung als Hüttenreferent für unsere Falkenhütte. Das Amt war bereits vergeben, eine Alternative jedoch schnell gefunden: die Stüdlhütte mitten im Nationalpark Hohe Tauern. Ein wenig skeptisch war Waßmann schon, viel hochalpine Erfahrung hatte er nicht – aber er wagte den Schritt.


Johannes Waßmann, Hüttenreferent der Stüdlhütte

Feuertaufe im neuen Amt: 40 alte Matratzen müssen aus dem Winterraum ins Tal.


Seine Aufgaben rund um die Hüt­te sind vielfältig und er ist das Bindeglied zwischen der Sektion und dem Hüttenwirt. Er bespricht sich regelmäßig mit dem Wirt, plant größere Maßnahmen zur Instand­haltung und erledigt kleinere Reparaturen direkt vor Ort. Ein aktuelles Großprojekt ist die Sanierung der Hütte, die auf einem im­mer instabiler werdenden Permafrostboden steht. Waßmann ist als Hüttenreferent gleich doppelt im Einsatz: im Sommer von Juli bis September, und in den Skitourenmonaten März und April. Er verbringt im Schnitt vier verlängerte Wochenenden pro Jahr auf der Stüdlhütte, sofern nicht, wie 2024, die Ge­burt seines Sohnes dazwischenkommt.

 

Auf neuen Wegen hoch hinaus

Johanna Moselage, die in der Nähe von Augsburg lebt und im Controlling arbeitet, engagiert sich seit März 2024 als Wegerefe­rentin im Großglocknergebiet. Ihre Begeis­terung fürs Wandern führte die 31-Jährige zu diesem Ehrenamt. Ähnlich wie Waßmann sei ihr vorab schon etwas mulmig gewesen, denn auch sie hatte bis dahin noch nicht viel Erfahrung im hochalpinen Gelände ge­sammelt. Zu ihren Aufgaben gehören die Inspektion der Wege nach Winterschäden, das Auffrischen von Markierungen und die Koordination von Fachkräften bei größeren Reparaturen.

Ihre erste Saison begann im Juni, nach­dem der Schnee auf den Wegen weggetaut war, und sie endete mit dem ersten, ergiebigen Schneefall im September. Das Wetter macht die Arbeit im Hochgebirge anspruchsvoll, weil etwa Wegmarkierungen schneller ver­wittern. Für Reparaturarbeiten im felsigen Terrain bekommt sie Unterstützung von Bergführern. Moselage wartet nur bestehen­de Wege, neue werden nicht mehr angelegt. Durch den Klimawandel kann es aber ver­mehrt zu Verlegungen kommen, um Wege aus Gefahrenzonen wie etwa Steinschlag oder Erosion wegzuleiten. „Dafür bedarf es aber der Abstimmung mit vielen Interessengruppen“, sagt sie – auch, weil die Wege durch den Nati­onalpark führen. Immer häufiger wird durch das Wegtauen der Gletscher Moränengelände frei, was ebenfalls neu markiert werden muss.


Johanna Moselage, Wegereferentin Glocknergebiet

Arbeitsplatz mit Glocknerblick: Das Erneuern von Wegmarkierungen gehört zu den Aufgaben von Johanna Moselage.


Das anfängliche mulmige Gefühl ist verflogen. Vier Mal war Moselage in diesem Jahr in Osttirol, um nach „ihren Wegen und den Murmeltieren“ zu schauen, wie sie lie­bevoll sagt. Nächstes Jahr möchte sie noch mehr Zeit in Osttirol verbringen, um die Re­gion abseits ihres Wegegebiets umfassender zu erkunden. Ein besonderer Moment ihrer ersten Saison für Johanna Moselage: als sie sich an einem Morgen schon sehr früh zum Markieren ins Teischnitztal aufgemacht hat­te und wie aus dem Nichts auf eine Herde Steinböcke traf. „Ich habe mich hingesetzt und ihnen einfach zugeschaut. Das war so ein friedlicher Moment – da wusste ich, warum ich das mache“, sagt sie.

 

Ihre Aufgaben erledigen Johanna Mo­selage und Johannes Waßmann, die sich erst durch das Ehrenamt kennengelernt haben, normalerweise unabhängig vonein­ander – auch wenn sie manchmal zeitgleich vor Ort sind. Trotzdem gab es im letzten Jahr auch einen gemeinsamen Arbeitseinsatz: In Teamarbeit strichen sie die Signalku­geln, die zur besseren Sichtbarkeit an den Stützen der Materialseilbahn der Stüdlhütte angebracht sind.

Auch Johannes Waßmann verbindet mit der Gegend eine besondere Erinnerung: eine Tour auf den Großglockner, die er mit zwei der Sektionsvorstände unternahm. Er war erst vom Snowboard auf Ski umgestie­gen und hätte sich eine solche Tour selbst nicht zugetraut. Nur im Team hätte er es geschafft – und er sei über sich hinausge­wachsen. „Oben zu stehen, über der Nebel­suppe, umgeben von Dreitausendern – das war ein Moment, der mich überglücklich gemacht hat.“ Ein Erlebnis, das er gerne mit Johanna Moselage teilen würde: „Nächstes Jahr nehmen wir dich auch mit hinauf“, so Waßmann zu seiner Amtskollegin im gemeinsamen Telefoninterview. Sie lacht, und willigt ein – die beiden scheinen sich in der hochalpinen Umgebung zusehends wohler zu fühlen.