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Der Winter ist bald vorüber. Mensch und Tier freuen sich auf wärmere Zeiten. Was bedeutet der Einzug des Frühlings für die Tierwelt in deinem Gebiet?
Frühlingszeit ist Vogelbrutzeit. Im Mangfallgebirge bedeutet das vor allem, dass die Balz der Raufußhühner beginnt. Gleichzeitig kehren seltene Brutvögel wie der Neuntöter, Zwergschnäpper oder die Felsenschwalbe aus ihren Winterquartieren zurück und beginnen direkt mit der Brut. Auch Felsenbrüter wie der Wanderfalke und der Steinadler haben bereits im Spätwinter mit dem Einrichten des Horstes und Legen der Eier begonnen.
Doch auch am Boden erwacht das Leben zunehmend und die ersten Insekten finden wieder Blüten. Der goldene Scheckenfalter beispielsweise ist ein stark gefährdeter Schmetterling, der im Raupenstadium überwintert hat und sich bereits im Frühling verpuppt.
Welche sensiblen Tiere gibt es in deiner Region und weshalb sind sie jetzt im Frühling besonders schützenswert?
Die Tierwelt am Spitzing ist sehr vielfältig. Bereits jetzt im April balzen die Auerhähne und anschließend im Mai die Birkhähne. Dazu kommen dann auch die Felsenbrüter wie Wanderfalke, Uhu und Steinadler.
Genau wie im Winter sind jetzt im Frühling die Morgenstunden, aber auch der Abend und die Dämmerung besonders sensible Tageszeiten für die Wildtiere. Vor allem bei den Raufußhühnern - eine Störung am „falschen“ Tag in der Morgendämmerung kann einen Brutausfall für ein ganzes Jahr bedeuten, da die Hennen nur an ein-zwei Tagen pro Jahr empfangsbereit sind. Generell gilt: Der Frühling ist neben dem Winter die schlechteste Zeit, um in der Morgen- oder Abenddämmerung in den Bergen unterwegs zu sein.
Gibt es zu beachtende Unterschiede zwischen der Tierwelt in Tallage und im Gipfelbereich? Gibt es im Laufe der nächsten Wochen räumliche Verlagerungen?
Viele Wildtiere, die bisher eher in Tal- und mittleren Lagen unterwegs waren, besiedeln nun ihre Sommer-Lebensräume und wandern in höhere Gebiete. Besonders bei den Raufußhühnern gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Winterlebensräumen und den Balz- sowie Brutgebieten. In den kommenden Wochen sind besonders die Kammlagen und freie Kuppen sehr sensibel, da sie Balzplätze für die Raufußhühner darstellen.
Diese Tiere suchen – wenn sich Menschen nähern - ihre Deckung in erster Linie in strukturreicher Landschaft, wie Latschengebüsch oder Heckenstrukturen. Hier wird dann im späteren Frühjahr auch der Nachwuchs großgezogen. Meine Bitte an alle Bergsportler*innen – bleibt vor allem während der Vogelbrutzeit auf den ausgeschilderten Wegen.
Die Tage werden wieder deutlich länger. Wenn es die Umstände zulassen, werden wieder viele Erholungssuchende am Abend kommen. Wo sind kritische Bereiche und wo kann man den Sonnenuntergang genießen?
Wie bereits erwähnt, sollten Bergsportler*innen im Frühling Touren am frühen Abend oder späten Abend eher vermeiden. Wenn sie doch zu diesen Zeiten in die Berge wollen, dann bitte nicht in Kammlagen, Gipfelbereichen, freien Kuppen und der Latschenzone. Diese Gebiete sollten derzeit wirklich den Wildtieren vorbehalten bleiben. Wer sich naturverträglich morgens und abends in den Bergen bewegen will, sollte das eher in Tallagen, an Seen oder an ausgewiesenen Hütten machen.
Worauf sollten achtsame Bergsportler*innen im Frühling/Frühsommer besonders Rücksicht nehmen?
Wie vorhin erläutert ist es immens wichtig, auf Aktivitäten am Berg besonders zur Morgendämmerung und zum Sonnenaufgang zu verzichten. Bitte betretet erst eineinhalb bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang in die sensiblen Bereiche wie die Latschenzone oder die Gipfelbereiche.
Das Übernachten im Biwak oder Zelt in freier Natur ist nicht erlaubt. Auch daran muss leider immer wieder erinnert werden. Dazu kommt, dass der Großteil des Mangfallgebirges europäisches Vogelschutzgebiet ist. Das bedeutet, dass Hunde immer an die Leine müssen, Bergsportler*innen auf den Wegen bleiben sollen und ein generelles Drohnen-Flugverbot besteht.
Generell sollten sich Bergsportler*innen auf Tour ruhig verhalten und keinen Lärm verursachen. So ist es doch auch viel schöner, die Berge aufmerksam und bewusst zu genießen. Aus meiner Sicht sollte man die Bergwelt nicht konsumieren, sondern achtsam erleben.
Wenn man aber dann doch mal ein Wildtier dennoch unbeabsichtigt aufschreckt – bleibt bitte stehen, zieht euch langsam zurück und gebt so den Tieren die Chance, den Energieverlust möglichst gering zu halten.
Letzte Frage, nochmal im Rückblick auf den vergangenen Winter: Wie hast du den Winter in Bezug auf die Tierwelt erlebt? Was ist gut, was eher schlecht gelaufen?
Insgesamt war es ein herausfordernder Winter, mit einem extrem hohen Andrang an Bergsportler*innen, besonders auch sehr vielen Winterwanderer*innen. Leider wurden die wichtigen Schon- und Schutzgebiete - besonders nach Neuschnee - sehr häufig betreten und befahren. Mit der Folge, dass die Rückzugsgebiete für die Wildtiere immer kleiner wurden. Teilweise musste ich Tiere in Lebensräumen beobachten, die für sie eigentlich nicht geeignet sind.
Große Unterstützung haben wir glücklicherweise durch die neuen ATS Ranger erhalten, die im gesamten Winter über 12 000 Personen im Mangfallgebirge über Naturschutz- und Sicherheits-Themen informiert und sensibilisiert haben. Rund 90 Prozent dieser Gespräche verlief positiv, trotz der widrigen Corona-Umstände.
Leider bedeuteten die fünf bis zehn Prozent, die sich nicht naturverträglich verhalten, diesen Winter durch Grenz- und Pistenschließung, sowie fehlender Alternativangebote, eine sehr hohe absolute Zahl. Diese Menge an unvernünftigen und uneinsichtigen Bergsportler*innen führte zu einer sehr hohen Störwirkung für die Wildtiere zu allen Tageszeiten. Das sogenannte anti-zyklische Tourengehen und Ausweichen größerer Menschenansammlungen aus Corona- oder Staugründen hat zudem zu enormer Störung in den Morgen- und Abendstunden geführt. Die nächtlichen Ausgangssperren haben hier leider nur für kurze Verschnaufpausen bei den Wildtieren gesorgt.
Nach diesem sehr kräftezehrenden Winter und den späten Schneefällen ist es nun aktuell umso wichtiger, dass die Vögel jetzt zur Balz-, Brut- und Aufzuchtzeit ihre notwendige Ruhepausen bekommen – auch, um den ein oder anderen Verlust des Winters mit einer hohen Nachwuchsrate wieder ausgleichen zu können.
Gebietsbetreuer Mangfallgebirge