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Wettersteingrat

8.–9. Juli 2020: Lang anhaltende Konzentration auf dem östlichen Wettersteingrat

Zwischen zwei Tiefdruckgebieten haben wir genau zwei schöne Tage. Also geht's kurz entschlossen unter der Woche auf nach Garmisch. Von Elmau aus steigen wir durchs Angerl-Loch auf zur Meilerhütte, die Covid-bedingt ungewohnten Komfort bietet. Früh um sechs geht's los auf den Musterstein. Zuerst weisen noch zahlreiche Steinmännchen den Weg, aber wie so oft, wenn man sie wirklich bräuchte, sind sie unauffindbar. Also doch wieder nach dem Motto "alles gangbar" oder auch "bei einer Grattour möglichst am Grat bleiben". Schon in diesem doch häufiger frequentiertem Abschnitt zeigt sich, dass Begehungsspuren spärlich und uneindeutig sind, Speck und Politur totale Fehlanzeige, gut so!
Aber gemeinsam sind wir stark, und wir finden immer einen Weg, auch wenn dieser fallweise – nie schwieriger als III+ (??) – ganz schön ausgesetzt und luftig werden kann. Auch gut so!
Umgehungen von Türmen nord- und südseitig sind meist gut erkennbar, aber Initiative und Entscheidungsfreude sind schon gefragt. Angaben zu Scharten, Türmen und Rinnen sind wegen ihrer schieren Anzahl kaum zuzuordnen.
Der Grat hat von allem reichlich zu bieten: feingriffige Kletterpassagen an festem Fels, anregend ausgesetzte, aber auch komfortable Gehpassagen, grandiose Aussicht, brüchige und splittrige Rinnen, Steilschrofen, atemberaubende Tiefblicke, ständige Abwechslung.
Und er fordert auch einiges: Orientierungsvermögen, lang anhaltende Konzentration, Ausdauer, Fähigkeit zum vorsichtigen Steigen in den lockeren Passagen und die Prüfung jedes Tritts und Griffs.
Gipfel reiht sich an Gipfel, Drei-Scharten-Spitzen, Wettersteinkopf- und -wand, Rotplatten-Spitze, aber ein Ende geht nicht her. Zwei Abseilstellen bringen willkommene Abwechslung, aber immer neue Türme und Scharten tun sich auf, bis wir nach gut 10 h reiner Gehzeit an der Oberen Wettersteinspitze ankommen.
Nochmals gibt's eine richtige Brotzeit – nur mit Wasser schaut's schon ganz schlecht aus.
Den ursprünglichen Plan, die Untere Wettersteinspitze "mitzunehmen", lassen wir einhellig fallen. Uns reicht's, noch steht der Abstieg bevor, der zunächst steil losgeht, um in lichtem Hochwald ganz entspannt – und vor allem mit ein paar Bächen drin – auszulaufen.
Nach langen 15 h sind wir wieder bei den Autos, ausgelaugt aber voll euphorisch.

Peter Schneider (Text und Fotos)

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